ChatGPT, GPT-4 und Co. sorgen zurzeit für zahlreiche Diskussionen in den Medien. Es wird viel über Einsatzmöglichkeiten und Grenzen dieses Tools diskutiert. Eine nicht unwichtige Frage dabei: Wird KI demnächst professionelle Schreibende ersetzen? Nun, ich glaube nicht. Zugegeben: Als ich kürzlich in einem YouTube-Video einen Fotografen sah, der einen Text erstellen ließ, musste ich schlucken. Der besagte Fotograf vertreibt über seinen Onlineshop verschiedene Produkte für Fotografen. Zum Testen von GPT-4 ließ er eine Produktbeschreibung für einen seiner Bestseller generieren. Und was soll ich sagen? Dieser Text war gut. Richtig gut, sogar. Ich würde sogar behaupten, dass der Text das Niveau von günstigen Texterbörsen überstieg. Aber genau dies ist auch der Knackpunkt: Texte auf diesem Niveau sind von solider Qualität. Nicht mehr und nicht weniger. Großes Potenzial, aber mit EinschränkungenDie Grammatik war korrekt, die Wortwahl durchaus passend und für einen E-Commerce-Text ansprechend gewählt. Was dem Text allerdings fehlte, war die persönliche Note. Das Charisma, das einen guten Text von einem hervorragenden Text unterscheidet. Denn diese gewisse Etwas ist etwas zutiefst Menschliches, das eine KI – bislang – noch nicht abbilden kann. Ich habe großen Respekt vor dem, was dieses Programm leistet. Tatsächlich kann ich mir als Laiin kaum vorstellen, welches tiefgreifende technische Verständnis und welche Raffinesse nötig waren, um GPT-4 zu erschaffen. Für mich steht völlig außer Frage, dass dieses Tool noch am Anfang seiner Möglichkeiten steht – es weist das Potenzial auf, zu revolutionieren. Allerdings bin ich mir sicher, dass dieses Tool, so smart es auch sein mag, in absehbarer Zeit nicht imstande ist, professionelle Textschaffende zu ersetzen. Zumindest nicht, wenn es um bestimmte Textarten geht, die mehr vermitteln sollen als harte Fakten. Standardisierte Textarten lassen sich vermeintlich gut von der KI abbilden. Sobald es jedoch in die Tiefe geht - sei es sprachlich oder inhaltlich - kommt die KI recht schnell an ihre Grenzen. Zumindest zum jetzigen Zeitpunkt. Denn die KI kann lediglich einen Text generieren, der auf bereits erstellten Texten beruht. Es steckt also kein kreativer Prozess und wenig Innovation im Inhalt. Oder anders gesagt: Die KI ist nur so gut, wie die Inhalte, auf deren Basis es etwas vermeintlich Neues zusammenwürfelt. Kritische Stimmen geben weiterhin zu bedenken: Die Inhalte, die die KI erlernt, sind veraltet. Das "Wissen", beziehungsweise die Datenbasis ist demnach unzureichend und keineswegs auf dem aktuellen Stand. Wenn du die KI also beispielsweise nach Fakten rund um die Covid-19-Pandemie oder jüngere Ereignisse des Weltgeschehens befragst, sieht es ziemlich mau aus (Stand Frühjahr 2023). Ein weiteres Problem, das keinesfalls unterschätzt werden darf: KI erfindet Quellen und ist zudem (noch) nicht rechtssicher. Es handelt sich also keineswegs um eine zuverlässiges und seriöses Recherche-Tool. Es ist limitiert in der Anwendung und sollte deshalb mit Vorsicht zu genießen sein. Disruption: ein Toll, das man zu nutzen wissen muss Hier kommt aber auch das große ABER ins Spiel: GPT-4 kann in den richtigen Händen ein mächtiges Tool sein oder werden. Die Anwender:innen müssen dieses Tool aber korrekt zu nutzen wissen. Insbesondere die Arbeit von Schreibenden wird dieses Tool erleichtern und somit verändern. Dennoch muss eine umfangreiche Kompetenz vor der Tastatur, die die Prompts in die KI eingibt, vorhanden sein, um Qualität und Glaubwürdigkeit der generierten Inhalte beurteilen zu können. Im Grunde genommen verhält es sich ähnlich wie mit Suchmaschinen: Innerhalb kürzester Zeit können umfassende Recherchen umgesetzt werden. Statt stundenlang Bücher zu wälzen, können einzelne Textstellen einfach per Suchanfrage identifiziert werden. Und so weiter uns so fort. Die Arbeit von Spezialist:innen wurde und wird optimiert, aber nicht vollständig verlagert, geschweige denn überflüssig. Der Faktor Mensch in der KommunikationEin Exkurs zum Thema "Alleinstellungsmerkmal guter Texte": Texte mit Tiefgang sind im Grunde genommen immer auch etwas Emotionales. Denn sie erfordern eine Fähigkeit, die KIs noch nicht erlernt haben: Einfühlungsvermögen. Kommunikation ist mehr als bloße Theorie. Hier ist meine Erfahrung, dass es oftmals die Aussagen zwischen den Sätzen sind, die es zu erfassen gilt, um das, was Menschen kommunizieren möchten, einzufangen und in einem Text aufzubereiten. Um diese Aspekte zu erfassen, braucht es ein offenes Ohr und Intuition. So lange mir von Menschen zurückgemeldet wird, dass ich das, was sie ausdrücken wollen, wirklich verstanden und ausformuliert habe, brauche ich mir voraussichtlich keine Sorgen darüber zu machen, dass ich als Schreibende obsolet werde. Mein Fazit Wird KI also alles auf den Kopf stellen? Jein. Für einige Branchen und spezifische Anwendungsfälle wird diese Innovation sicherlich eine Entlastung und eine Steigerung der Effizienz bringen. Andere Branchen wiederum werden (zunächst) nicht dem Hype zum Opfer fallen. Ich bin auf alle Fälle sehr gespannt, wohin sich dieses und ähnliche Tools in den kommenden Monaten und Jahren entwickeln werden. Meine ersten Anwendungsversuche sind recht erfolgreich verlaufen. Ich werde dieses Tool sicherlich irgendwann unterstützend einsetzen – wie Google, Ecosia und Co. auch –, aber meine Erfahrung und Expertise in Sachen Text und Kommunikation wird es sicherlich nicht ersetzen. Autorin: Sina-Christin Wilk
© Bildmaterial: Life of Pix von Pexels Transparenzhinweis: Dieser Text wurde am 30.05.2023 aktualisiert, nachdem eigene erste Anwendungsversuche mit GPT-4 erfolgt sind.
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